Interview Dr. Schönle Gesundes Radfahren

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GESUNDES RADFAHREN





Dr. Christoph Schönle, ehem. Chefarzt der Klinik Lindenplatz Bad Sassendorf, ist Sportmediziner und Experte für Gesundes Radfahren.

Ein Interview mit Dr. med. Christoph Schönle

Dr. med. Christoph Schönle – Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sportmedizin, Chirotherapie, Sozialmedizin und Osteopathie – war von 1994 bis Mitte 2016 als Chefarzt der Klinik Lindenplatz tätig und hat die Klinik Lindenplatz vom Tag der Eröffnung (1995) bis heute zu einer bundesweit anerkannten, erfolgreichen und einzigartigen orthopädischen Rehabilitationsklinik mit  sportmedizinische Abteilung und eigenem Institut für Biomechanik aufgebaut.
Seine langjährigen Erfahrungen in der beruflichen Praxis und Forschung (eigene Untersuchungen sowie Auswertung internationaler Studien) und seine persönliche Begeisterung fürs Radfahren machen Dr. Schönle zu einem absoluten Fachmann beim Thema „gesundes Radfahren“.

Herr Dr. Schönle, es gibt Sportarten, die als besonders gesund gelten. Radfahren gehört dazu. Zurecht?
Wir Mediziner sind schon froh, wenn sich die Menschen überhaupt bewegen. Bewegung ist der Schlüssel für unsere Gesundheit. Viele Studien belegen, dass Menschen, die regelmäßig Sport treiben, gesünder und länger leben. Aber es ist schon richtig, dass z.B. Radfahren und Schwimmen für viele Menschen deutlich besser geeignet sind, als andere Sportarten.

Wir wirkt das Radfahren auf unseren Körper?
Die Wirkungen sind sehr vielschichtig. Ganz wichtig sind die Effekte für das Herz-Kreislauf-System und den Fettstoffwechsel. Regelmäßige Bewegung auf dem Rad trainiert das Herz-Kreislauf-System und verringert das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen um bis zu 50%. Durch den Sport steigt das „gute“ HDL-Cholesterin im Blut, das gefährliche LDL-Cholesterin, dass für die Verkalkung der Arterien und somit Herzinfarkte und Schlaganfälle verantwortlich ist, wird hingegen reduziert. Wenn man pro Woche 2000 bis 2500 Kilokalorien pro Woche auf dem Rad verbrennt, ist das eine optimale Schlaganfall- und Herzinfarkt-Vorbeugung. Und es macht viel Spaß!

Gibt es weitere Wirkungen?
Positiv wirkt es sich das Radfahren auch auf die Atemwege aus. Die Atemmuskulatur wird trainiert, die Anfälligkeit für Infekte wird reduziert. Bei einigen Atemwegserkrankungen ist moderates, regelmäßiges Radfahren eine sinnvolle Therapie-Ergänzung. Und natürlich wird die Muskulatur gekräftigt. Das betrifft nicht nur die Beinmuskulatur, sondern auch die Rumpfmuskulatur sowie die Arm- und Schultermuskulatur.

Ist das Radfahren auch für Ältere und Menschen mit Knie-Problemen oder Erkrankungen des Bewegungsapparats zu empfehlen?
Ja, unbedingt! Der besondere Vorteil des Radfahrens gegenüber vielen anderen Sportarten ist, dass das Radfahren sehr gelenkschonend ist. Auf dem Rad verteilt sich das Körpergewicht auf den Sattel, den Lenker und die Pedale. Sprunggelenke, Knie und Hüfte werden zum Beispiel nur 1/3 so stark belastet wie beim Joggen. Wir haben das in der Klinik Lindenplatz bei vielen Patienten gemessen.

Die gleichmäßigen, runden Tritt-Bewegungen sorgen zum Beispiel im Kniegelenk dafür, dass die Knorpelzellen im Gelenk optimal mit Sauerstoff versorgt werden.
Auch ein (zu) hohes Körpergewicht stellt übrigens kein Hindernis dar.

So ist das Radfahren auch für ältere Menschen, für Menschen mit Erkrankungen des Bewegungsapparates – von der Arthrose bis zum künstlichen Gelenk – oder für übergewichtige Menschen eine sehr gute Möglichkeit, um fit zu bleiben.

Welche Risiken sind beim Radfahren zu beachten?
Zunächst empfehle ich unbedingt, sich zu schützen. Das Risiko von Unfällen ist nun mal vorhanden. Es gibt Verletzungen und auch Sterbefälle. Wenn zum Beispiel bei Tempo 10-20 ein Hund in den Weg springt und einen Sturz verursacht oder man ausrutscht, kann das schlimme Folgen haben. Das wichtigste ist der Schutz des Kopfes. Also Helm tragen! Bei tödlichen Unfällen mit Radfahrern sind meist Kopfverletzungen die Todesursache. Bei Motorradfahrern ist das anders, der Kopf ist dort gut geschützt.

Außerdem empfehle ich Hüftprotektoren. Wir haben diese in der Klinik getestet und die Effekte sind überzeugend. Die Protektoren – zum Beispiel aus den Sanitätshäusern – sind empfehlenswert und „verschwinden“ in den Radler-Hosen. Bei einem Sturz bieten sie guten Schutz vor Brüchen an Hüfte oder Oberschenkel-Hals. Auch Radler-Handschuhe sind wichtig, um eine Kompression der Nerven im Kapaltunnel zu vermeiden.

Schließlich ist es wichtig, dass das Fahrrad nicht nur verkehrssicher, sondern auch richtig, rückenschonend eingestellt ist. Wichtig ist dabei auch der richtige Sattel. Die Form muss passen, die Sitzbeine müssen gut aufliegen. Bei Männern muss der Sattel darum etwas schmaler sein, als bei Frauen. Da sollte man sich den Rat eines Fachmannes oder einer Fachfrau einholen, zum Beispiel im Fahrrad-Handel oder bei den Verleih- und Service-Stationen.

Wie stehen Sie zu E-Bikes?
Sehr positiv ist, dass die E-Bikes den Radius erhöhen. Man schafft größere Strecken, sieht mehr und der Elektromotor hilft „über den Berg“. Auch finde ich schön, dass mit dem E-Bike Leistungsunterschiede zwischen Fahrern, die gemeinsam radeln möchten, ausgeglichen werden können. Aufpassen muss man aber einerseits bei der Geschwindigkeit. Das E-Bike verleitet schon zu einem höheren Tempo, da muss man geübt sein. Anderseits passieren mehr Unfälle beim Auf- und Absteigen bzw. beim langsamen (Los-)Fahren, da das E-Bike einige Kilogramm mehr wiegt und dies viele unterschätzen.

Warum kann man rund um Bad Sassendorf besonders gut Rad fahren?
Bad Sassendorf liegt in der Hellweg-Börde und es gibt ein sehr gut beschildertes Netz von Radwegen für kleinere und größere Touren mit leichtem Profil. Wenn man den Haarstrang nach Süden überquert hat man schon einen schönen Blick über das Möhnetal in den Arnsberger Wald und ins Sauerland. Für Rennrad-Fahrer bieten sich dort sehr schöne, anspruchsvollere Strecken. Aber auch für Genuss-Radler ist der Haarstrang ohne weiteres zu überwinden, besonders über die ehemalige Bahntrasse der Westfälischen Landeseisenbahn, den heutigen Kiepenkerlweg. Nach der Radtour kann man dann in Bad Sassendorf wunderbar regenerieren und es sich gut gehen lassen. Ein Bad im Solethermalbad oder eine Massage zum Lockern der beanspruchten Muskeln sind sehr zu empfehlen. Und natürlich ein leckeres, gesundes Essen.

Vielen Dank!